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Welche Hosen trugen Wikinger? – Ein Blick in die Geschichte
Die Kleidung der Wikinger war weit mehr als nur funktional – sie spiegelte ihren sozialen Stand, die klimatischen Bedingungen Skandinaviens und den Kontakt zu anderen Kulturen wider. Besonders spannend ist die Frage: Welche Hosen trugen Wikinger? Archäologische Funde und zeitgenössische Darstellungen geben uns heute ein recht klares Bild.
Archäologische Belege:
Die wichtigsten Hinweise stammen aus Gräbern in Skandinavien, insbesondere aus Birka (Schweden, 9.–10. Jh.), Hedeby (Deutschland, 9.–11. Jh.) und Thorsberg (Dänemark, 3.–4. Jh., also vor der Wikingerzeit). Letztere Funde zeigen bereits die Tradition enger Beinbekleidung, die in die Wikingerzeit übernommen und weiterentwickelt wurde.
Die berühmte Thorsberger Hose (um 300 n. Chr.) gilt als Vorläufer der wikingerzeitlichen Hosen. Sie war aus Wolle gefertigt, hatte eine recht komplexe Schnittführung mit keilförmigen Einsätzen und sehr engen Beinen.
Aus der Wikingerzeit selbst kennen wir verschiedene Varianten:
Enge Beinlinge/Hosen – eher schlicht, aus Wolle oder Leinen, meist knöchellang.
Pluderhosen – besonders aus den Grabfunden von Birka bekannt. Diese Hosen waren im Schritt und Oberschenkelbereich sehr weit geschnitten und oft mit Gürteln oder Bändern gerafft. Ein bekanntes Beispiel ist die Birka-Hose aus Grab 944, datiert ins 10. Jh.
Praktische Reiterhosen – mit verstärktem Schritt, wie sie in den Reitergräbern von Birka vermutet werden.
Materialien und Verarbeitung:
Die Wikinger verwendeten vor allem Wolle – robust, wärmend und wasserabweisend. Im Sommer trug man auch Leinenhosen, die leichter und angenehmer waren. Reichere Krieger oder Häuptlinge nutzten teils gefärbte Stoffe oder aufwendigere Webtechniken, während einfache Bauern und Handwerker sich mit schlichteren Materialien begnügten.
Nähtechnisch arbeiteten die Wikinger mit Keilen, Zwickeln und eingesetzten Stoffteilen, um Bewegungsfreiheit zu schaffen – besonders wichtig beim Kampf, bei Reiterei und bei der harten Arbeit im Alltag.
Darstellungen in Bildquellen:
Neben archäologischen Funden geben auch Darstellungen aus der Zeit Hinweise. Auf Runensteinen (z. B. Tängelgarda-Stein, Gotland, 9. Jh.) und in angelsächsischen Handschriften sind Männer mit enganliegenden Hosen oder weiten Pluderhosen zu sehen.
Funktion und Mode:
Praktikabilität: Engere Hosen waren für Handwerk und Alltag besser geeignet.
Repräsentation: Weite Pluderhosen galten als Statussymbol – sie benötigten mehr Stoff und waren damit teurer.
Kombination mit Beinschienen und Wickelgamaschen: Typisch war die Kombination mit Wadenwickeln (Wickelbänder aus Wolle), die zusätzlichen Halt boten und den Stoff schonten.
Die Wikinger trugen je nach Anlass, Stand und Region sehr unterschiedliche Hosenformen. Von engen Alltagsmodellen über weite Pluderhosen bis hin zu spezialisierten Reiterhosen reichte die Bandbreite. Klar ist: Die Hose war ein zentrales Kleidungsstück – funktional, wettergerecht und zugleich Ausdruck von Status und Kultur.
Wer heute ein Wikinger-Reenactment plant, findet authentische Repliken sowohl schmal geschnittener Beinlinge als auch weiter geschnittener Birka-Hosen. Beides passt hervorragend zu Tuniken, Umhängen und den typischen Wickelgamaschen, die das Bild eines echten Nordmannes abrunden.