Die Geschichte des Kettenhemdes – Vom keltischen Schmiedekunstwerk zum Symbol ritterlicher Wehrhaftigkeit
Freitag, 18. April 2025

Die Geschichte des Kettenhemdes – Vom keltischen Schmiedekunstwerk zum Symbol ritterlicher Wehrhaftigkeit

Kettenhemden sind aus dem historischen Reenactment nicht wegzudenken. Ob als Teil einer römischen Legionärsrüstung, im Hochmittelalter als Panzerung eines Ritters oder bei Wikinger- und Germanendarstellungen – das Kettenhemd zählt zu den universellsten und langlebigsten Rüstungen der Geschichte. Aber woher stammt diese faszinierende Schutzkleidung aus zahllosen kleinen Metallringen? Wer trug sie, und wie hat sie sich im Laufe der Jahrhunderte verändert? In diesem Blogartikel tauchen wir tief in die Geschichte des Kettenhemdes ein – mit spannenden Fakten, historischen Hintergründen und praktischen Infos für Reenactors und Mittelalter-Fans.


Die Anfänge: Keltische Innovation im 3. Jahrhundert v. Chr.

Die ältesten archäologischen Funde von Kettenhemden stammen aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. und lassen sich den Kelten zuschreiben. Besonders in der heutigen Schweiz und in Norditalien wurden frühe Exemplare entdeckt, darunter Funde in Mailand, die das Wort „lorica hamata“ in der späteren römischen Zeit geprägt haben.

Die Kelten waren Meister in der Metallverarbeitung und entwickelten eine Rüstungsform, die nicht nur Schutz vor Schwerthieben und Pfeilen bot, sondern gleichzeitig flexibel und relativ leicht war – im Vergleich zu Plattenrüstungen. Ihre Innovation verbreitete sich schnell über Europa und wurde bald von einer der mächtigsten Militärmaschinen der Antike übernommen: dem Römischen Heer.


Die Römer und die Lorica Hamata

Die Lorica Hamata – so nannten die Römer das Kettenhemd – wurde etwa ab dem 2. Jahrhundert v. Chr. zum Standardpanzer für Offiziere und Centurionen. Im Gegensatz zur späteren Lorica Segmentata, einer segmentierten Plattenrüstung, hatte die Hamata den Vorteil, wartungsarm und vielseitig einsetzbar zu sein. Sie bestand meist aus etwa 30.000 bis 40.000 einzelnen Eisenringen, die entweder vernietete oder gestanzte Ringe kombinierten.

Ein Kettenhemd dieser Zeit konnte zwischen 8 und 10 Kilogramm wiegen und wurde mit einem gepolsterten Untergewand getragen. Es war besonders langlebig – ein gut gepflegtes Exemplar konnte mehrere Jahrzehnte im Dienst bleiben. Kein Wunder also, dass sie auch in der Spätantike noch verbreitet war, während die Segmentata längst ausgedient hatte.


Kettenhemden der Wikinger

Frühmittelalter: Germanen, Wikinger und byzantinische Krieger

Auch im frühen Mittelalter blieb das Kettenhemd ein begehrter Schutz. In der germanischen Welt war es ein Statussymbol, das sich nur wohlhabende Krieger oder Stammesführer leisten konnten. Wikinger beispielsweise trugen oft sogenannte „Brynje“ – ein Begriff, der bis heute in skandinavischen Sprachen für Kettenhemd steht.

Diese Hemden waren meist kürzer als spätere Ritterrüstungen, boten aber ausreichend Schutz für Brust, Schultern und obere Arme. Gerade bei Überfällen oder in schnellen Gefechten auf engem Raum – wie bei Enteraktionen auf Schiffen – bewährte sich das flexible Kettengeflecht hervorragend.

Auch die byzantinischen Kataphrakten und schwer gepanzerten Reiter der Steppe nutzten Varianten von Kettenhemden – oft in Kombination mit Schuppen- oder Lamellenrüstungen.


Kettenhemden des Mittelalters

Hochmittelalter: Das Zeitalter der Ritter

Im Hochmittelalter – etwa ab dem 11. Jahrhundert – wurde das Kettenhemd zur Standardrüstung des europäischen Ritters. Es bedeckte nun oft den gesamten Körper: Mit Ärmeln bis zum Handgelenk, einer Beinpanzerung (Chausses) und einer integrierten Kettenhaube (Coiffe). Ein solches Ensemble konnte bis zu 15 bis 20 Kilogramm wiegen.

Die berühmten Kreuzritter trugen Kettenhemden unter ihren weißen Surcoats mit dem roten Kreuz – ein Bild, das sich bis heute im kollektiven Gedächtnis hält. Die Rüstung bot guten Schutz gegen Schwerthiebe und war mit einem Gambeson – einer dicken wattierten Jacke – darunter besonders effektiv.

Allerdings hatte die Kettenrüstung Schwächen: Gegen spitze Waffen wie Lanzen, Dolche oder später auch Armbrustbolzen und Pfeile war sie weniger zuverlässig. Deshalb wurden im Spätmittelalter verstärkt Plattenrüstungen entwickelt, die ab dem 14. Jahrhundert das Bild des Ritters bestimmten.


Vom Spätmittelalter zur Neuzeit – Kettenhemd im Wandel

Mit dem Aufkommen von Feuerwaffen verlor das Kettenhemd zunehmend an Bedeutung. Trotzdem blieb es noch lange in Gebrauch – vor allem als Zusatzausrüstung unter Plattenrüstungen oder für leichtere Truppenteile wie Stadtwachen, Söldner oder Reiter. Auch osmanische Krieger, persische Elitetruppen oder indische Rajputen trugen bis in die frühe Neuzeit Kettenpanzerungen, oft kunstvoll verziert und mit Stoff kombiniert.

In Japan existierte eine verwandte Technik namens Kusari, bei der Kettengeflechte zwischen Textilschichten eingearbeitet wurden – beispielsweise in den Ärmeln der Samurai-Panzer.


Herstellung eines Kettenhemdes

Herstellung eines Kettenhemds – Handwerkskunst aus tausenden Ringen

Die Fertigung eines Kettenhemdes war und ist eine wahre Meisterleistung des historischen Handwerks. In einer Zeit ohne industrielle Maschinen bedeutete jedes einzelne Hemd hunderte Stunden sorgfältiger Handarbeit. Aber wie genau entsteht eigentlich ein Kettenhemd? Welche Werkzeuge wurden gebraucht, welche Techniken angewendet – und wie viel Zeit musste ein Schmied dafür aufwenden?


Die Materialien – Eisen, Stahl und Bronze

Frühe Kettenhemden wurden vor allem aus weichem Schmiedeeisen gefertigt. Später setzte man gehärteten Stahl ein, um eine bessere Schutzwirkung gegen Hiebe und Stiche zu erzielen. Im Orient und in Asien waren auch Messing- oder Bronzeringe üblich – oft kunstvoll poliert oder gemustert.

In der modernen Reenactment- und Schaukampfszene werden heute meist vernietete Stahlringe, Federstahl oder rostfreie Edelstahlsorten verwendet – je nach Anforderung an Optik, Belastbarkeit und Pflegeleichtigkeit.


Werkzeug & Vorbereitung

Zur Herstellung eines Kettenhemdes benötigt man:

  • Draht in der gewünschten Stärke (meist 1–2 mm)

  • Dorn oder Metallstab zum Wickeln der Ringe (je nach gewünschtem Innendurchmesser, z. B. 6–9 mm)

  • Seitenschneider oder Metallsäge zum Schneiden der Windungen

  • Zangen (flach und spitz) zum Öffnen, Einfügen und Schließen der Ringe

  • Hammer, Amboss und Nietwerkzeug, sofern vernietete Ringe verwendet werden

Zunächst wird der Draht spiralförmig um den Dorn gewickelt. Die so entstandene Spirale wird in einzelne offene Ringe geschnitten, die dann per Hand einzeln miteinander verschlungen und geschlossen oder vernietet werden. Bei vernieteten Ringen werden die Enden des Drahtes flach geschmiedet, gelocht und mit winzigen Nieten zusammengefügt.

Kettenhemd knüpfen


Flechtarten – Mehr als nur "4-in-1"

Die gebräuchlichste Flechtweise für Kettenhemden in Europa ist das sogenannte „4-in-1-Muster“, bei dem jeder Ring vier andere verbindet. Diese Technik war schon bei den Kelten und Römern üblich und blieb bis ins Spätmittelalter Standard.

Es gibt jedoch auch andere Flechtarten, darunter:

  • 6-in-1: Stabiler, dichter und schwerer – gelegentlich bei Helmhauben oder besonders belasteten Stellen verwendet

  • 8-in-2: Extrem robust, aber schwer und selten – meist dekorativ

  • japanische Muster (z. B. 6-in-1 mit größeren Zwischenräumen) – in Samurai-Rüstungen verarbeitet

  • orientalische Flechtweisen mit Kombinationen aus Ringen und Plättchen (z. B. Rüstungen aus Persien, Indien oder dem Osmanischen Reich)

Moderne Kettenhemd-Hersteller nutzen gelegentlich auch kreative Muster wie das europäische Flachgeflecht, Box Chain, oder Königskette – vor allem für dekorative Stücke.


Zeitaufwand – Zwischen Geduld und Fingerfertigkeit

Der Aufwand für ein vollständiges Kettenhemd ist enorm. Je nach Muster, Größe, Ringdurchmesser und Verarbeitung kann man von folgenden Werten ausgehen:

  • 30.000 bis 60.000 Einzelringe (je nach Schnitt und Flechtart)

  • 100 bis 250 Arbeitsstunden für ein Hauberk in „4-in-1“-Flechtung

  • Bei mittelalterlichen Schmieden arbeiteten oft mehrere Handwerker parallel an einem Hemd, um den Zeitaufwand zu verkürzen.

Historisch wurden viele Rüstungen in spezialisierten Werkstätten oder von wandernden Rüstungsschmieden gefertigt. Ein Kettenhemd war eine wertvolle Investition – nicht selten so teuer wie ein Acker oder ein gutes Pferd.


Kettengeflecht

Gepolstert und angepasst – Der Tragekomfort

Ein Kettenhemd wurde selten direkt auf der Haut getragen. Meist wurde darunter ein Gambeson oder eine wattierte Unterkleidung getragen, um den Aufprall von Schlägen zu dämpfen und Scheuerstellen zu vermeiden. Viele Hemden waren zudem maßgefertigt, mit Keilen, Ärmeln und Seitenschlitzen für Beweglichkeit im Kampf.

Übrigens: Die Flexibilität des Kettengeflechts war einer der größten Vorteile – anders als starre Rüstungen erlaubte das Kettenhemd eine große Bewegungsfreiheit, besonders bei Reitern oder Fußsoldaten.


Kettenhemden sind mehr als nur Schutz

Die Herstellung eines Kettenhemdes ist ein faszinierender Einblick in mittelalterliches Handwerk und Ingenieurskunst. Ob als praktischer Schutz im Kampf, als Statussymbol eines Kriegers oder als kunstvoll gearbeitete Reenactment-Rüstung – jedes Kettenhemd erzählt eine Geschichte von Zeit, Mühe und Tradition.

In unserem Shop findest du sowohl handgefertigte Kettenhemden für den historischen Einsatz als auch leichte Varianten für LARP, Theater oder Mittelaltermärkte. Auch Zubehör wie Gambesons, Kettenhauben, Handschuhe und Rüstungsreinigung bieten wir dir in bester Qualität.


Moderne Nutzung und Reenactment

Heute erlebt das Kettenhemd eine Renaissance – nicht auf dem Schlachtfeld, sondern bei historischen Nachstellungen, Reenactments, LARP, Schaukampf und Mittelaltermärkten. Moderne Schmiede bieten hochwertige Repliken an – von authentisch vernieteten Varianten bis zu leichteren, galvanisierten Versionen für Schauzwecke.

Es gibt sie in verschiedenen Ringdurchmessern, Ringtypen (vernietet, gestanzt, Flachring, Rundring), Materialien (Stahl, Edelstahl, Messing) und Schnitten – von der kurzen Wikinger-Brynje bis zur knielangen Hauberk mit Splitterschutz.


Ein Rüstungsstück mit langer Geschichte

Das Kettenhemd ist ein faszinierendes Zeugnis menschlicher Einfallsreichtum – ein Stück Militärgeschichte, das Kulturen überdauerte, Kontinente bereiste und Jahrhunderte prägte. Für Reenactors ist es mehr als nur ein Rüstungsstück: Es ist ein Symbol für Tapferkeit, Handwerkskunst und historische Tiefe.

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