Die Anfänge – Von Köln nach Gotland
Bereits im 11. Jahrhundert begannen deutsche Kaufleute, sich zu organisieren. In London erwarben Kölner Händler ein eigenes Haus – den später berühmten „Stalhof“ –, um dort englische Schafwolle direkt einzukaufen. Die Nachfrage nach dieser hochwertigen Wolle war enorm, insbesondere für die Tuchindustrie in den rheinischen Städten.
Auf der Insel Gotland, strategisch zwischen Skandinavien, Russland und dem restlichen Europa gelegen, trafen die deutschen Kaufleute auf geschickte einheimische Händler. Die Gotländer dienten als Zwischenhändler für Waren aus dem Baltikum, Russland und Skandinavien – darunter Felle, Honig, Wachs, Eisen und Bernstein. Doch bald strebten die Deutschen den direkten Handel an. Ein Meilenstein war die Gründung von Visby als Handelsstützpunkt. Der Weg war frei für den Fernhandel mit Nowgorod, Bergen und weiteren nordischen Zentren.
Der Aufstieg – Vom Kaufmannsbund zur Städtehanse
Im 13. Jahrhundert gründeten die Händler ihre ersten offiziellen Kontore – feste Handelsniederlassungen. Die bedeutendsten befanden sich in:
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London (Stalhof)
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Brügge (Flandern)
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Bergen (Norwegen)
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Nowgorod (Russland)
Diese „Außenposten“ sicherten Waren, Schutz und Rechtsstellung. In einer Zeit, in der Piraterie, Raubüberfälle und rechtlose Landstriche zum Alltag gehörten, war das von unschätzbarem Wert.
Die Stadt Lübeck, 1143 gegründet, wurde früh zur Hauptstadt der Hanse. Gemeinsam mit Hamburg bildete sie ab 1241 den ersten bekannten Städtebund. Es folgten rasch andere Städte: Wismar, Rostock, Stralsund, Danzig, Bremen, Köln, Dortmund und viele mehr. Bis ins 15. Jahrhundert wuchs der Hansebund auf etwa 200 Städte an – von Reval (Tallinn) im Osten bis Brügge im Westen, von Königsberg (Kaliningrad) bis nach Köln und Nürnberg im Süden.
Wirtschaftsmacht mit eigenem Parlament – Der Hansetag
Mit der wachsenden Zahl an Mitgliedsstädten wurde die Hanse auch politisch einflussreich. Ab 1356 trat der sogenannte Hansetag regelmäßig zusammen – eine Versammlung von Vertretern der Mitgliedsstädte, die über Handelsfragen, Krieg, Mitgliedschaften und Privilegien entschieden.
Fun Fact: Die Hanse hatte keine schriftliche Verfassung, kein festes Budget, keine ständige Verwaltung – und funktionierte trotzdem jahrhundertelang. Die Entscheidungen des Hansetages waren nicht einmal rechtlich bindend. Dennoch hielten sich die Mitglieder größtenteils daran – ein Zeichen der wirtschaftlichen Abhängigkeit voneinander.
Was wurde gehandelt?
Die Hansekaufleute transportierten auf ihren imposanten Koggen – den Frachtschiffen der Zeit – eine Vielzahl an Waren:
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Nord nach Süd:
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Fisch (besonders Stockfisch aus Norwegen)
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Pelze und Felle
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Wachs, Honig, Bernstein
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Holz, Eisen, Kupfer
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Süd nach Nord:
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Wein, Öl, Salz
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Tuche aus Flandern
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Glaswaren, Gewürze
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Luxusgüter wie Seide oder Edelsteine
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Ein bedeutender Warenumschlagplatz war die Brügger Tuchbörse, die heute noch im Stadtbild erkennbar ist.
Reichtum und Alltag der Hansekaufleute
Ein erfolgreicher Hansekaufmann konnte enormen Reichtum anhäufen. Familien wie die Fuggers (zwar keine Hansemitglieder, aber vergleichbar reich) oder die Wittenborgs aus Lübeck bestimmten die Politik ganzer Städte.
Im Alltag trugen Hansekaufleute Kleidung aus hochwertigem Tuch, oft reich bestickt, mit Gürtel, Tasche, Hut und teils sogar Schwert – was sie in Städten wie Köln, Dortmund oder Lübeck zur selbstbewussten und angesehenen Elite machte. Ihre Häuser waren prunkvoll, mit aufwändig geschnitzten Fassaden und großen Speicherböden für Waren.

Militärische Macht und Piratenkriege
Die Hanse im Thronstreit zwischen Dänemark und Schweden
Ein oft übersehener, aber bedeutender Abschnitt in der Geschichte der Hanse war ihr Eingreifen in den skandinavischen Thronstreit zwischen Schweden und Dänemark am Ende des 14. Jahrhunderts. Diese Auseinandersetzung war nicht nur ein innerdynastischer Konflikt, sondern entwickelte sich zu einem Machtkampf, in dem auch die Hanse aktiv Partei ergriff – mit weitreichenden Folgen für ihre Handelsprivilegien, politischen Beziehungen und nicht zuletzt für die Entstehung der Vitalienbrüder.
Der Ursprung des Konflikts
Der Streit begann nach der Absetzung von König Albrecht von Mecklenburg, der seit 1364 mit Unterstützung deutscher Adliger – und indirekt der Hanse – als König von Schweden regierte. Sein autokratischer Führungsstil und die Bevorzugung deutscher Ratgeber machten ihn jedoch zunehmend unbeliebt.
Margarete I. von Dänemark, die Ehefrau des verstorbenen dänischen Königs Waldemar IV., nutzte die Unzufriedenheit, um ihren Neffen Erik von Pommern als Thronfolger durchzusetzen. 1389 gelang es ihr, Albrecht bei Falköping militärisch zu schlagen – er wurde gefangen genommen. Doch Stockholm, die wirtschaftlich bedeutendste Stadt Schwedens, blieb unter Kontrolle von Albrechts Anhängern – und stand damit unter Blockade.
Die Hanse mischt sich ein
Die Hanse – insbesondere die Städte Rostock, Wismar und Lübeck, die enge Beziehungen zu Mecklenburg unterhielten – unterstützte zunächst Albrecht von Mecklenburg, da dieser ihnen umfangreiche Handelsprivilegien in Schweden gewährt hatte. Margarete hingegen versuchte, den Einfluss der Deutschen zurückzudrängen und verfolgte eine zentralistische Politik, die den hanseatischen Handel bedrohte.
Die Hanse stellte daraufhin eine Kriegsmarine auf und entsandte Unterstützungsschiffe – mit ihnen kamen auch die berüchtigten Vitalienbrüder, die offiziell als Versorgungseinheiten für das belagerte Stockholm dienten, inoffiziell aber zunehmend in die Piraterie abglitten.
Piraterie – Die dunkle Seite der See
Wo Reichtum fließt, sind Räuber nicht fern – das galt besonders für die Seewege der Hanse. Die mit kostbaren Waren beladenen Koggen waren ein begehrtes Ziel für Piraten, die ab dem späten 14. Jahrhundert in der Nord- und Ostsee ihre Hochphase erlebten.
Die Vitalienbrüder – Freibeuter wider Willen
Ursprünglich als Versorger für den schwedischen König Albrecht im Kampf gegen Dänemark eingesetzt, entwickelten sich die sogenannten Vitalienbrüder bald zu gefürchteten Seeräubern. Ihr Name stammt vom lateinischen victualia – Proviant. Nach Kriegsende führten sie eigenmächtig Kaperfahrten auf Hanse-Schiffe durch. Viele Hafenstädte gewährten ihnen Schutz – solange sie selbst davon profitierten.
Klaus Störtebeker – Der Mythos des Nordens
Ihr berühmtester Anführer war Klaus Störtebeker – ein Name, der noch heute Legende ist. Er verkörperte den „guten Piraten“, der Beute mit den Armen teilte. Historisch belegt ist seine Rolle als Hauptmann der Vitalienbrüder. 1394–1401 war er der Schrecken der Hanseflotten – vor allem zwischen Nordsee, Helgoland und den friesischen Inseln.
Die Hanse reagierte: Hamburg stellte eine bewaffnete Flotte auf und konnte Störtebeker 1401 bei Helgoland festnehmen. Er und über 70 seiner Gefährten wurden auf dem Grasbrook in Hamburg enthauptet – eine der größten öffentlichen Hinrichtungen der Stadtgeschichte. Der berühmte Mythos erzählt, dass Störtebeker kopflos noch an elf Kameraden vorbeigegangen sei – um ihre Freilassung zu erwirken. Doch keiner wurde begnadigt.
Das Ende der Piratenära
Nach der Zerschlagung der Vitalienbrüder setzte die Hanse verstärkt auf bewaffnete Koggen, Geleitschutz und Blockadepolitik. Bis 1420 wurde die Piraterie weitgehend eingedämmt. Die Hanse hatte gesiegt – vorerst.
Der Verlauf des Konflikts und die Kalmarer Union
Nach dem Fall Stockholms 1393 und der endgültigen Kapitulation der letzten mecklenburgischen Truppen 1398 war die Macht Margaretes unangefochten. Sie gründete 1397 die Kalmarer Union, in der die drei Königreiche Dänemark, Norwegen und Schweden unter der Herrschaft eines Monarchen vereint wurden. Diese neue politische Ordnung reduzierte den Einfluss der Hanse drastisch, vor allem in Schweden, wo sie fortan mit Einschränkungen zu kämpfen hatte.
Der Preis der Parteinahme
Das Eingreifen der Hanse auf Seiten Albrechts erwies sich als strategischer Fehler. Margarete betrachtete die Hanse fortan mit Misstrauen und schränkte die bisherigen Privilegien ein. Die Hanse verlor wichtige Handelsrechte im Norden und sah sich zunehmend von neuen Konkurrenten wie den Niederlanden bedrängt.
Zwar wurde in mehreren Friedensverträgen (1395, 1398, 1412) ein Ausgleich gesucht, doch die wirtschaftliche und politische Stellung der Hanse hatte gelitten. Ihre politische Einflussnahme in Skandinavien – einst ein Vorteil – wurde nun zum Nachteil.
Der Niedergang – Wenn Größe zur Last wird
Ab dem späten 15. Jahrhundert bröckelte der Einfluss der Hanse. Neue Mächte wie England, Frankreich und die Niederlande erstarkten. Zudem begann mit der Entdeckung Amerikas (1492) ein globaler Seehandel, in dem die Hanse keine Rolle spielte.
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1429 führte Dänemark eine Zollpflicht für die Durchfahrt durch den Öresund ein – ein herber Schlag für die freien Handelsrouten.
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1494 schloss Zar Iwan III. das Hansekontor in Nowgorod.
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1603 wurde der Stalhof in London endgültig geschlossen.
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1669 tagte der letzte Hansetag in Lübeck – das offizielle Ende des einst mächtigsten Handelsbundes Europas.
Das Erbe der Hanse heute
Viele der ehemaligen Hansestädte tragen den Titel noch heute im Namen: Hansestadt Lübeck, Hansestadt Hamburg, Hansestadt Rostock usw. Zahlreiche Bauwerke, Speicherhäuser, Gildenhäuser und Stadtbefestigungen zeugen vom einstigen Glanz.
Jedes Jahr finden heute Hanse-Tage statt – Feste, bei denen sich Städte aus dem historischen Hanseverbund zusammentun, um Märkte, Reenactments und Kulturveranstaltungen zu veranstalten. Ideal für alle Fans von mittelalterlicher Kleidung, Rüstungen, Lagerleben, Schaukampf und historischer Ausstattung.
Die Hanse – Mehr als nur ein Handelsbund
Die Hanse war eine der beeindruckendsten Erscheinungen des europäischen Mittelalters. Sie war Kaufmannsnetzwerk, Städtebund, politische Kraft, Verteidigungsgemeinschaft und kulturelles Phänomen in einem. Für uns heute ist sie ein reiches Feld für Geschichtsforschung, Reenactment, und das Verständnis einer Welt, in der Handel oft mächtiger war als jede Krone.
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